Buchempfehlung „Die Macht der Kränkung“
Mal wieder ein Buch zu meinem Thema, das mich zur Zeit sehr beschäftigt und enorm interessiert verschlungen! Besonders interessant für mich war der Teil mit dem Cyber-Narzissmus. Mit diesem Wissen kann man sich ne Menge Ärger ersparen denn es ist so offensichtlich wenn man es weiß!
Auch all die Beleidigungen und Abwertungen die man eventuell als Opfer in einer narzisstischen Beziehung erlebt hat, verlieren auf einen Schlag ihre Macht und „Magie“. Der Peiniger wird in seine Einzelteile zerlegt und an Ende bleibt ein Häufchen schwächstes Selbstwertgefühl, das die ganze Zeit beschützt werden muss. Diese Rezession hat mir sehr gut gefallen:
An mehreren Stellen seines Buches macht der Psychiater Reinhard Haller deutlich, dass Narzissmus zu einem sich ständig verstärkenden Phänomen unserer auf Individualität, Selbstverwirklichung, Erfolg und Extrovertiertheit orientierten Gesellschaft geworden ist. Narzisstische Züge sind jedem Menschen zu eigen. Bis zu einem gewissen Grad sind sie auch notwendig, um das Selbstbewusstsein des Menschen zu stabilisieren und positive Leistungen erbringen zu können. Im Übermaß oder in Form einer krankhaften Persönlichkeitsstörung verursacht Narzissmus jedoch großen Leidensdruck bei den Betroffenen und mehr noch in ihrem Umfeld.
Als kennzeichnend für krankhafte Formen von Narzissmus führt Haller die vier „E“s an: Egozentrizität, Empfindlichkeit, Empathiemangel und Entwertung. Die Ursache narzisstischer Persönlichkeitsstörungen wird in der frühen Kindheit verortet, in der das Kind nicht Kind sein durfte und keine Möglichkeit hatte, ein gesundes Selbstbewusstsein auszubilden. Dies äußert sich später in tiefer emotionaler Verunsicherung und bleibendem Mangel an Selbstvertrauen. Narzissten können weder sich selbst, noch andere wirklich lieben. Der heranwachsende Narzisst überspielt den Mangel an Selbstvertrauen durch übermäßiges nach außen getragenes Selbstbewusstsein und Prahlerei. Permanentes Lob, Bewunderung und Erfolg sind der Stoff, den er wie die Luft zum Atmen braucht. Um sich weiter zu erhöhen, entwertet er Menschen seines Umfeldes und bringt ihnen keine Empathie entgegen. Es fällt ihm schwer oder ist ihm gar unmöglich, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, andere zu loben und andere Meinungen zu akzeptieren. Während er andere kritisiert und erniedrigt, reagiert er auf Kritik äußerst empfindlich und aggressiv, da er sie als Angriff auf sein überaus brüchiges Selbstwertgefühl auffasst. Haller spricht von „narzisstischer Wut“, die sich ins Maßlose steigern kann und oft mit starken Rachegefühlen einhergeht.
Im persönlichen Umgang mit krankhaften Narzissten ist äußerste Vorsicht angebracht. Haller weist darauf hin, dass die narzisstische Persönlichkeitsstörung zu den am schwersten therapierbaren psychiatrischen Phänomenen gehört. Es fehlt den Betroffenen an Einsicht und Kooperationsbereitschaft, um sich helfen zu lassen. In partnerschaftlichen Beziehungen neigen Narzissten dazu, sich unterlegene Partner zu suchen, von denen sie Unterordnung und Bewunderung erwarten können. Ändern sich die Bedürfnisse des möglicherweise nach Emanzipation strebenden Partners, so sind schwerste Auseinandersetzungen die Folge. In der Arbeitswelt erscheinen Narzissten zunächst als äußerst zielstrebig, erfolgreich, selbstsicher und durchsetzungsfähig, weshalb man sie gehäuft unter Vorgesetzten findet. Oft neigen sie zu Arbeitswut und Perfektionismus, um keine Angriffspunkte gegen ihr in Wirklichkeit verkümmertes Ego zu bieten. Da ihr Handeln auf Machtentfaltung, Selbstinszenierung und Erniedrigung der Mitarbeiter ausgerichtet ist, sind überaus negative Folgen für das Betriebsklima zu erwarten. Abgesehen von einigen „Vasallen“ (wie sie Haller nennt), die sich zugleich bewundernd und ängstlich um den Narzissten scharen, ziehen sich die übrigen Mitarbeiter zurück. Dies erfolgt durch innere Distanzierung, „Dienst nach Vorschrift“, Betriebswechsel oder offenen Widerstand gegen den Narzissten.
Haller baut seine Darstellung sehr logisch auf und schreibt stilistisch anspruchsvoll, ohne den Leser mit psychiatrischen Fachbegriffen zu überfordern. Immer wieder streut er Fallbeispiele ein, um seine Ausführungen zu veranschaulichen und das Lesen aufzulockern. Am Ende der Darstellung fasst Haller seine Erkenntnisse in einer Typologie des Narzissmus zusammen und gibt praktische Hinweise, wie man Narzissten begegnen kann. Dabei betont er, dass man sich aus dem zunächst blendenden Bann des Narzissten lösen und die persönliche Autonomie bewahren müsse. Dem Narzissten müssten – höflich und distanziert – Grenzen aufgezeigt werden. Gesprächsstrategien werden von Haller zwar erwähnt, doch zugleich mit dem Hinweis verbunden, dass sich das Wüten des gekränkten Narzissten dadurch möglicherweise noch steigern könne. Letzten Endes überwiegt der Rat, Narzissten vor allem in schweren Fällen möglichst aus dem Weg zu gehen und den Kontakt auf das Nötigste zu beschränken. Hallers Buch endet mit der Vision einer vom Narzissmus befreiten Gesellschaft, die sich wieder stärker auf in den Hintergrund getretene Werte wie Solidarität, Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Rücksicht und Sensibilität besinnt.
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